Das Gemini Agena Target Vehicle (GATV) war ein orbitaler Zielflugkörper, der von der NASA während des Gemini-Programmes zur Erprobung von Rendezvous-Manövern eingesetzt wurde.
Die Fähigkeit zum Rendezvous im All war für das folgende Apollo-Programm wichtig, um während des Fluges zum Mond die Mondlandefähre mit der Kommandokapsel koppeln zu können. Die hierfür notwendigen Techniken wurden im Gemini-Programm erforscht und erlernt.
Das GATV bestand aus einer Agena-Oberstufe (hergestellt von Lockheed) und einem Andockadapter (hergestellt von McDonnell). Das GATV war ein 7,93 Meter langer Zylinder mit einem Durchmesser von 1,52 Metern und einer Leermasse von 1834 kg. Beim Start beförderte es 6375 kg Treibstoff und Gas. Der vordere Teil der Agena-Flugzeugzelle enthielt die Lenkung, Flugsteuerungselektronik, Telemetrie, Befehls- und Verfolgungsausrüstung, die Stromversorgung sowie die Treibstoffdruckbeaufschlagungsausrüstung. Die primären und sekundären Antriebssysteme befanden sich mit den Lageregelungsgastanks am hinteren Ende des Zielfahrzeugs, und die Haupttreibstofftanks (Kraftstoff und Oxidationsmittel) befanden sich im Mittelteil. Der Antrieb erfolgte über ein Zweistoffsystem mit unsymmetrischem Dimethylhydrazin (UDMH) und inhibierter roter rauchender Salpetersäure (IRFNA). Die Agena-Antriebssysteme konnten während des Andockens der Gemini betrieben werden, sodass das GATV zur Änderung der Umlaufbahn des angedockten Paares verwendet werden konnte. Mindestens fünf Triebwerksstarts waren möglich. Der Andockkonus war durch Stoßdämpfer mit dem vorderen Ende verbunden. Die Positionslichter für die Zielerfassung und die Statusanzeigen des Zielfahrzeugs befanden sich an der Vorderseite. Eine 2,1 Meter lange, einziehbare L-Band-Auslegerantenne ragte seitlich aus dem Zylinder in der Nähe der Vorderseite heraus. Die Verfolgung und Steuerung des GATV wurde zusätzlich durch ein Rendezvous-Beacon, zwei spiralförmige L-Band-Antennen, zwei Verfolgungsantennen (C-Band und S-Band), zwei VHF-Telemetrieantennen und eine UHF-Kommandoantenne unterstützt. Auch Mikrometeoroid-Pakete und andere Experimente konnten auf dem GATV montiert werden.
Um gegen eventuelle Probleme bei der Entwicklung des GATV gewappnet zu sein, beschloss die NASA 1965, einen alternativen Zielflugkörper zu entwickeln, mit dem zumindest das Docking-Manöver ausgeführt werden konnte. Dazu wurde ein Andock-Adapter mit einer Lagekontrollsektion der Gemini-Kapsel versehen. Für den Start wurde keine Agena-Oberstufe benötigt. Die somit konstruierte Lösung aus Atlas-Rakete plus Andock-Adapter wurde als Augmented Target Docking Adapter (ATDA) bezeichnet und stand für die Gemini-8-Mission bereit.
Der ATDA war ein kurzer Zylinder mit einem Durchmesser von 1,52 m und einer Länge von 3,33 m. Er wog 794 kg und bestand aus einem an der Vorderseite montierten Ziel-Andockadapterkegel, der ein Kommunikationssystem, ein Leit- und Kontrollsystem sowie ein Reaktionskontrollsystem enthielt. Er verfügte auch über Positionslichter, war jedoch im Gegensatz zu den GATV nicht stabilisiert und verfügte nicht über einen unabhängigen Antrieb, um Manöver während des Andockens an das Gemini Raumschiff zu ermöglichen. Nachdem klar wurde, dass das GATV für diese Mission bereitstehen würde, wurde der ATDA zunächst eingelagert.
Im Rahmen der Gemini-9-Mission versagte die Atlas-Trägerrakete, die das GATV in den Orbit transportieren sollte. Eine weitere Agena-Oberstufe mit Andock-Adapter war auf die Schnelle nicht verfügbar, so dass sich die NASA dazu entschloss, auf einen Reserveplan zurückzugreifen. Der eingelagerte ATDA wurde reaktiviert und als Ersatzziel gestartet. Dies bedeutete, dass es für die Astronauten nicht möglich sein würde, sich mit Hilfe der Agena-Oberstufe in eine höhere Umlaufbahn befördern zu lassen, jedoch könnte das Andock-Manöver wie geplant durchgeführt werden.
Beim Rendezvous-Manöver stellte sich jedoch heraus, dass sich die Nutzlastverkleidung nicht gelöst hatte und der Docking-Adapter damit unbenutzbar blieb.
Insgesamt wurden sechs Gemini Agena Target Vehicle (GATV) und ein Augmented Target Docking Adapter (ATDA) gestartet:
Mission | Typ | Start | Wiedereintritt | Bemerkung |
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Gemini 6 Ziel |
GATV |
25.10.1965 |
25.10.1965 |
Die Agena-Oberstufe explodierte 6 Minuten nach dem Start. Gemini 6A führte stattdessen das erste Rendezvous mit Gemini 7 durch. |
Gemini 8 Ziel |
GATV |
16.03.1966 |
15.09.1967 |
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Gemini 9 Ziel A |
GATV |
17.05.1966 |
17.05.1966 |
Kurz nach dem Start und dem Verlust der Agena-Oberstufe durch einen Fehler im Kontrollsystem ins Meer gestürzt. |
Gemini 9 Ziel B |
ATDA |
01.06.1966 |
11.06.1966 |
Andockmanöver konnte nicht durchgeführt werden, da sich die Nutzlastverkleidung nicht wie geplant vom Dockingadapter löste. |
Gemini 10 Ziel |
GATV |
18.07.1966 |
29.12.1966 |
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Gemini 11 Ziel |
GATV |
12.09.1966 |
30.12.1966 |
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Gemini 12 Ziel |
GATV |
11.11.1966 |
23.12.1966 |